Heinrich von Kleist wurde 1777 als fünftes Kind und ältester Sohn seines Vaters in einer alten preußisch-pommerschen Adelsfamilie in Frankfurt/Oder geboren. Insgesamt hatte Heinrich von Kleist sechs Geschwister und Halbgeschwister aus zwei Ehen seines Vaters. Dieser starb, als Heinrich von Kleist zehn Jahre alt war. Heinrich von Kleist wuchs nun in der Pension des deutsch-französischen Theologen und Pädagogen Samuel Heinrich Catel in Berlin auf und wurde von diesem auch unterrichtet. Im Juni 1792, mit 14 Jahren, trat Kleist der Tradition seiner Familie folgend in den Militärdienst ein. Er nahm im folgenden Jahr schon am Rheinlandfeldzug Preußens gegen Frankreich teil. In diesem Jahr starb auch seine Mutter. 1795 kehrte das Regiment nach Potsdam zurück. 1799 nahm Kleist zugunsten einer „freien Geistesbildung“ seinen Abschied aus der preußischen Armee und studierte nun an der Universität in Frankfurt/Oder Physik und Mathematik und hörte Vorlesungen über Philosophie, Kulturgeschichte und Naturrecht. Er verlobte sich mit der Generalstochter Wilhelmine von Zenge. Nach drei Semestern brach er sein Studium jedoch ab und nahm eine Stelle als Volontär im preußischen Wirtschaftsministerium in Berlin an, um damit den Wünschen der Familie seiner Verlobten nach einer Aufgabe im Staatsdienst zu entsprechen. Im Auftrag des Ministeriums reiste Kleist vermutlich als Wirtschaftspion umher und hielt sich dabei unter anderem länger in Würzburg auf. 1801 reiste Kleist mit seiner Schwester Wilhelmine über Dresden nach Paris. Durch die Ideen Rousseaus angeregt, plante er jetzt ein Leben als einfacher Bauer. Da seine Verlobte ihm auf diesem Weg nicht folgen wollte, löste er die Verlobung auf. Kleist lebte eine Zeit lang bei einem Jugendfreund in der Schweiz, kehrte dann zeitweise nach Deutschland zurück und besucht dann ein weiteres Mal Paris. 1802 veröffentlichte er sein ersten Drama, „Die Familie Schroffenstein“. Von 1804 bis 1807 befand Kleist sich erneut in preußischem Staatsdienst, in Berlin und Königsberg, orientierte sich dann jedoch wieder in Richtung Schriftstellerei. 1806 wurde Kleist zeitweilig von den Franzosen unter Spionagevorwurf in einem Gefangenenlager festgehalten. Nach der Freilassung traf er in Dresden einige „romantisch“ orientierte Künstler, wie Ludwig Tieck oder Casper David Friederich, und gab seit 1808 zusammen mit dem Geschichtsphilosophen Adam Heinrich Müller das „Journal für die Kunst – Phöbus“ heraus, allerdings nur für zwei Jahre. Im ersten Heft erschien das „Fragment aus dem Trauerspiel: Penthesilea“. Johann Wolfgang von Goethe reagierte auf das Stück nach der Zusendung mit Unverständnis und Ablehnung. Kleist reiste weiter umher, traf in Berlin den Autorenkreis um Achim von Arnim, Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff. Von 1810 bis 1811 gab Kleist mit Beteiligung zahlreicher namhafter Autoren die Berliner Abendblätter heraus, die aber nach Eingriffen der Zensur bald wieder eingestellt wurden. Kleist bemühte sich nun wieder, aber vergebens, um eine Anstellung im preußischen Staatsdienst. Eine Zeit lang konnte Heinrich von Kleist noch vom Erlös aus dem Verkauf des Familienbesitzes leben, von dem er ein Siebtel erhalten hatte. Doch zumeist plagten ihn Geldnot und der Kampf ums Überleben. Zum Schluss schrieb er Bitt-und Bettelbriefe.
Als Künstler fand er keine Anerkennung, obwohl er mit Stücken wie „Der zerbrochene Krug“ (1803-1806, uraufgeführt 1808 in Weimar),„Amphitryon“ (1807, uraufgeführt 1899 in Berlin), „Penthesilea“ (1808, uraufgeführt 1876 in Berlin), „Das Käthchen von Heilbronn“ (1807-1808, uraufgeführt 1810 in Wien), „Die Hermannsschlacht“ (1808, uraufgeführt 1860 in Breslau), „Prinz Friederich von Homburg“ (1809-1811, uraufgeführt 1821 in Wien) nach heutigen Maßstäben als Dramatiker ebenso begabt war wie als Erzähler. Seine Prosaveröffentlichungen „Michael Kohlhaas“ (1808, 1810) oder „Die Marquise von O…“ gelten heute ebenso wie die genannten Stücke als Klassiker der deutschen Literatur. Am 21. November brachte Heinrich von Kleist sich zusammen mit der unheilbar kranken Henriette Vogel um. Er erschoss mit ihrem Einverständnis erst sie, dann sich.
Im Stück Penthiselea thematisiert Kleist den Kampf der Geschlechter einerseits und den Konflikt zwischen individueller Freiheit und gesellschaftlichen Zwang andererseits. Als Stoff diente ihm die Sage um den Frauenstaat der Amazonen.
Penthiselea, Königinder Amazonen, erscheint plötzlich mit ihrem Frauenheer vor Troja und greift gegen beide Seiten in den Kampf ein. Dabei verliebt sie sich in den Göttersohn Achill, der auf Seiten der Griechen kämpft. Gemäß den Gesetzen des Frauenstaates, muss sie Achill im Kampf bezwingen, um ihn lieben zu dürfen. Sie unterliegt jedoch und fällt dabei in Ohnmacht. Achill, der sich ebenfalls in Penthiselea verliebt hat, macht ihr zunächst Glauben, sie hätte ihn besiegt. Penthiselea will ihn als Gefangenen in die Hauptstadt der Amazonen führen. Als Achill ihr später die Wahrheit sagt, ist Penthiselea entsetzt. Achill fordert sie erneut zum Kampf, in der Absicht, sich von ihr besiegen zu lassen. Doch die Amazonenkönigin versteht seine Absicht nicht, führt den Kampf wie im Rausch und zerfleischt den verwundeten Achill schließlich zusammen mit ihren Hunden.
Kleists Zeitgenossen hielten sein Stück „Pentheselea“ wegen seiner Kampfszenen und der archaischen Gewaltbeschreibungen für unaufführbar. In seiner Inszenierung für die Salzburger Festspiele reduzierte Johan Simons das Stück auf einen Dialog der beiden Hauptpersonen, Achill und Phentesilea, dargestellt von zwei überragenden Schauspielern, Jens Harzer und Sandra Hüller. Die Bühne ist während der Aufführung in Dunkel getaucht und verzichtet auf jedes Detail. Die meiste Zeit stehen die beiden Darsteller in langen grauen Röcken gekleidet auf einer Lichtfläche, die sie von unten beleuchtet, und erzählen sich und dem Publikum,was vorgefallen ist. Dabei verlassen sich die beiden Schauspieler ganz auf ihre Darstellungskunst, und entblößen sich im Spiel zum Teil auch bis auf die Haut. Kleine Gesten, die virtuose Bewegung ihrer Körper mit-und gegeneinander erzählen die Geschichte auf berauschende Weise mit. Am Ende des zweistündigen Vortrags, der auch den Zuschauern ein hohes Maß an Konzentration abverlangte, gab es für die Leistung der beiden Mimen im Hamburger Thalia-Theater tosenden und langanhaltenden Applaus.
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