Ein Hommage an den kanadischen Musiker Neil Young von Navid Kermani.
Neil Young wurde 1945 in Toronto geboren. Mit fünf Jahren erkrankte er an Kinderlähmung. Seine linke Körperhälfte wurde in Mitleidenschaft gezogen und er hinkt leicht. In den 1960er Jahren erkrankte Neil Young zudem an Epilepsie und Diabetes. Nach der Scheidung seiner Eltern wuchs Neil Young mit seiner Mutter in Winnipeg, Kanada, auf und begann Anfang der 1960er Jahre Musik zu machen. 1968 zog Neil Young nach Los Angeles und gründete die Band Crazy Horse. Außerdem spielte er mit Crosby, Stills, Nash and Young und trat mit der Gruppe 1970 beim legendären Festival in Woodstock auf. Nach einer Rückenoperation 1971 als Folge seiner Kinderlähmung konnte Neil Young eine Zeit lang bei Konzerten nicht mehr lange stehen und wechselte deshalb von der E-Gitarre zur akustischen Gitarren und von der Rockmusik mehr zum Folk, wobei er später auch immer wieder auch zum Rock zurückkehrte. In dieser Zeit schrieb Neil Young sein erfolgreichstes Stück „Heart of Gold“, das auf dem Album Harvest (1972) erschien. Das Album wurde im Laufe der Zeit über 7 Mio. Mal verkauft und wird zu den 100 besten Rockalben der Geschichte gezählt. 1973 starben kurz nacheinander Neil Yougs Roadie Bruce Berry und Danny Whitten, Gitarrist bei Crazy Horse, infolge ihrer Heroinsucht. Whitten war von Neil Young 1972 endgültig aus der Band geworfen worden, nachdem er seine Sucht nicht in den Griff bekommen hatte. Neil Young veröffentlichte unter dem Eindruck der Todesfälle mehrere düstere Stücke und Alben. Ende der 1970 er Jahre veröffentlichte Neil Young das Album „Rust never Sleeps“, mit dem er an den Erfolg von „Harvest“ anknüpfte. In den frühen 1980er Jahren begann Neil Young mit Synthesizern und Elektromusik zu experimentieren und verstörte seine Anhänger mit dem Album „Trans“. Später kehrte er zu Rythm und Blues zurück und wechselte in der Folge auch weiterhin häufiger seinen Stil. Bis heute hat Neil Young 41 Studioalben aufgenommen. Die alternative Rockszene erklärte Neil Young zu ihrem Vorbild und ernannte ihn zum „Godfather of Grunge“. 1991 war Nirvana Vorgruppe bei Neil Youngs „Ragged Glory Tour“. 1994 nahm sich der Frontmann von Nirvana, Curt Cobain, das Leben und zitierte in seinem Abschiedsbrief eine Textzeile aus Neil Youngs Song: „My My, Hey Hey (Out of the Blue)“: „It’s better to burn out, than to fadeaway.“
„My My, Hey Hey (Out Of The Blue)“
My my, hey hey
Rock and roll is here to stay
It’s better to burn out
Than to fade away
My my, hey hey.
Out of the blue
and into the black
They give you this,
but you pay for that
And once you’re gone,
you can never come back
When you’re out of the blue
and into the black.
The king is gone
but he’s not forgotten
This is the story
of a Johnny Rotten
It’s better to burn out
than it is to rust
The king is gone
but he’s not forgotten.
Hey hey, my my
Rock and roll can never die
There’s more to the picture
Than meets the eye.
Hey hey, my my.
Navid Kermani wurde 1967 als Sohn iranischer Eltern in Siegen geboren. Er studierte Orientalistik und promovierte in Bonn. Während seiner Studienzeit hatte Kermani schon nebenberuflich als Journalist bei verschiedenen Zeitungen gearbeitet. Später berichtete er als Reporter für verschiedene Medien aus Krisengebieten.
Kermanis Buch „Das Buch der von Neil Young Getöteten“ erschien 2002 und war seine dritte Buchveröffentlichung. Navid Kermani ist ein eingefleischter Neil Young-Fan und er und legt in dieser ungewöhnlichen Musikerbiografie seine philosophische Sicht auf Neil Young, auf dessen Musik, aber auch auf die Welt und ihre Angelegenheiten dar.
Das Buch beginnt mit den Dreimonatskoliken von Kermanis neugeborener Tochter. Um seine Tochter zu beruhigen, lässt der Vater Neil Youngs Musik laufen. So beginnt auch die Theater-Adaption „Die Nacht der von Neil Young Getöteten“ in der Regie von Sebastian Nübeling.
Den ersten Auftritt hat die Kulisse, ein dichter Wald, mit vielen hohen Stämmen, einige entlaubt. In der Mitte befindet sich eine Lichtung, beleuchtet von einer hohen Straßenlaterne. Wechselndes Licht durchflutet im Laufe der Aufführung den Wald oder taucht ihn ins Halbdunkel. Bisweilen sorgt Nebel für Zwielicht. Der Wald dreht sich am Anfang und auch später noch geruhsam um sich selbst und gibt dabei nach und nach den Blick frei, auf Requisiten und einige Tiere des amerikanischen Waldes und auf die Personen, die im Laufe des Abends alle Neil Young sein werden, oder seine Facetten, oder seine Fans, oder seine Mitmusiker.
Die sieben Darsteller dieses Abends liefern eine großartige Neil Young Perfomance und laufen immer dann zu Höchstform auf, wenn Musik gemacht wird, manchmal still und besinnlich, manchmal als höllisch-lauter Gitarrenteppich. Vier Frauen und drei Männer sind ein Stück von Neil Young, oder Neil Young-Fans, die über ihr Idol reden. Carolina Bigge ist der Ober-Neil Young. Sie hat einst in der Girl-Group AK4711 am Schlagzeuger getrommelt, Schlagzeug und Jazz studiert und schon an einigen Thalia-Produktionen musikalisch mitgewirkt. Zusammen mit Lars Witterhagen hat sie die musikalische Leitung übernommen und mit ihrem Neil Young-Hut ist sie vom Original kaum zu unterscheiden. Gabriela Maria Schmeide kommt wie die meisten anderen im Hillibilly-Look daher und präsentiert sich in einem der Songs, bei dem sie den Gesang übernimmt, mit bislang ungekannter Rockröhre. Sie hat Spaß. Maja Schöne, zierlich im blauen Anzug und manchmal hinkend, wie Neil Young auch, und Caroline Seifert, nachdenklich in roter Windjacke, sind die anderen beiden Frauen als „Neil Young“. Als „echte Männer“ stehen Thomas Niehaus, Felix Knoop und Merlin Sandmeyer auf der Bühne.
Zwischen den Musikeinlagen, von denen es reichlich gibt und die die lange Musikkarriere von Neil Young exemplarisch beleuchten, mit dengroßen Hits „Heart of Gold“, „Old Man“ oder „My, My, Hey Hey“ und einigen mehr, werden Texte aus dem Buch von Narvid Kermani vorgetragen.
Mit der musikalischen Ergänzung kommt man Neil Young auf der Bühne sehr viel näher als, das mit einem Text allein möglich wäre. In diesem Sinne funktioniert das Stück auf der Bühne sehr gut. Die intensiven Musikstücke und die zwischengesprochenen Texte bieten aber einen vielleicht zu großen Kontrast. Die Zwischentexte gehen hier ins Leere. Sie sind eine Anhäufung von Monologen, die auf einer Bühne keinen rechten Sinn ergeben. Die Darsteller sind zwar ständig in Bewegung, kreisen um die Drehbühne, klettern auf die Bäume, machen ein Feuer, aber letztlich besteht die einzige Handlung darin, dass sich die Darsteller immer wieder einmal um den Kinderwagen des Neugeborenen mit den Dreimonatskoliken versammelt und dann anfängt zu musizieren. Sei’s drum- Neil Youngs Musik reißt es wieder heraus und am Ende wurden die sieben Neil Youngs vom Publikum im Thalia Theater für ihre tolle Leistung ausgiebig gefeiert.
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