Spätestens im Frühjahr 2020 endete die die Zeit der öffentlichen Konzerte. Die Corona-Pandemie breitete sich mit großer Geschwindigkeit von China aus über alle Länder aus. Zur Eindämmung wurde das öffentlich Leben gestoppt, Museen, Theater, Kino, Konzertsäle und Klubs geschlossen. Über ein Jahr lang dauerte die kulturlose Zeit, für die Kulturgänger schlimm, aber existenzbedrohend für die Künstler.
Nun rührt sich wieder etwas. Als erster ging Veranstalter Karsten Jahnke mit seinen Open-Air-Konzerten im Hamburger Stadtpark an den Start. Und zur Eröffnung kam die schwedische Songwriterin Anna Ternheim.
Konzerte, auch im Freien, dürfen nur unter strengen Hygieneregeln stattfinden. Im Stadtpark waren im Halbrund um die Bühne Klappstühle aufgestellt, um einen ausreichenden Abstand zwischen den Zuschauern zu gewährleisten. Vor dem Eingang am Gelände mussten sich die Zuschauer mit der Luca-App registrieren. Beim Gang durch das Gelände musste eine Maske getragen werden. Am Platz, alle Plätze nummeriert, durfte die Maske abgelegt werden.
Anna Ternheim war alleine gekommen. Ohne Band. Aber zusammen mit einer ganzen Reihe von Gitarren. Nur mit ihren Gitarren und ihrer Stimme bestritt sie das ganze Konzert. Und mit guter Laune. Zwischen ihren Songs erzählte sie kleine Geschichten, auch über die Gitarren. „Wenn du einen Song schreiben willst und dir nichts einfällt, dann kauf‘ dir eine Gitarre. Dann fließen die Ideen von alleine. Wenn dir dann immer noch nichts einfällt, dann hast du allerdings ein Problem. „
Eine ihrer Gitarren hat sie in einem Laden für gebrauchte Gitarren in Brooklyn gekauft. „Überall hingen alte Gitarren. Ich habe gleich in diese alte Gitarre verliebt. Sie ist 93 Jahre alt.“ Und dann begleitete Anna Ternheim sich selbst bei einigen ihrer Songs mit dieser GItarre.
Im Laufe des Abends bespielte sie alle ihre mitgebrachten Instrumente, akustische und elektrische Gitarren, und sang ihre zumeist melancholischen Lieder.
Mit, „Es war ein echtes Scheißjahr“, hatte sie den Abend eröffnet. „Ich wusste schließlich nicht mehr, ob ich überhaupt noch einen Beruf habe.“ An ihrer Freude darüber, dass sie wieder auf die Bühne, auf Tour gehen und ihre Lieder singen durfte, ließ sie die Zuschauer teilhaben. Und diese dankten es mit viel Applaus nach jedem Stück.
Jeder Song hat seine Geschichte. „Damals, als ich mit zwanzig Jahren angefangen habe zu musizieren, haben wir in den Klubs gebettelt, dass wir auftreten dürfen. Wir wollen kein Geld, haben wir gesagt. Wir bringen alles mit. Es kostet euch nichts. Es kamen andere Musiker und hörten uns zu. Leute von Plattenfirmen kamen nie. Aber man lernt viele Kollegen kennen.“
Das Konzert begann um 20 Uhr und lief in die einsetzende Dämmerung hinein, die das passenden Licht für die magischen Momente von Anna Ternheims Songs lieferte. Am Ende forderten Zugaben, die Anna Ternheim gerne gewährte. Sie kam dann immer aus einer Lücke in der Hecke, die sich hinter der Bühne befindet. „Ist schon komisch“, meinte sie, „da verschwinde ich hinter den Büschen und komme dann wieder hervor.“
Das letzte Stück der Zugaben sang sie auf Schwedisch, mit vielen rollenden schwedischen „R“s.